Heute back ich, morgen brau ich...
Nach Weihnachten und dem Jahreswechsel auf 2021, unter den leidigen Coronabedingungen, möchten wir hiermit zunächst Allen Glück und Gesundheit im neuen Jahr wünschen.
Da aus bekannten Gründen die Räumlichkeiten des Fördervereins ´geschlossen´ sind, heißt das aber nicht, dass historische Recherchen rund um unsere Heimat ruhen. Gerade die vergangene Weihnachts- und Neujahrszeit bietet rückblickend einen kleinen Einstieg für eine Nachricht, da vermutlich viele Leute von hier und da aus ihrem privaten Erlebensbereich über leckere Speisen und Getränke an den Festtagen berichten könnten. Leider mußten sich bekanntermaßen auch Gaststätten, Restaurants und ähnliche Einrichtungen den coronabedingten Einschränkungen unterwerfen. Dennoch wurde mit ihren Möglichkeiten löblich dazu beigetragen, einen guten Service aufrecht zu erhalten.
Blickt man im Rahmen des Fördervereins in diesem Sinne über lange Zeiten zurück, könnten Inte-ressenten eines Tages in den Räumlichkeiten des Fördervereins sich wieder anhand der auf Haushalte und speziell Küchen bezogene Ausstellungsobjekte „wie es früher einmal aussah“ informieren. In die-sem kurzen Artikel soll auf Bräuche und Brauchtum, Erinnerungen usw. als historische Recherchefunde eingegangen werden. Beim Zusammenfassen gesammelter Nachrichten aus früherer Zeit ist an dieser Stelle längst nicht alles „eingefangen“, was viele unzählige private Erinnerungen zahlreicher Bürger*innen dazu aus der hiesigen Heimat zu berichten wüßten. Lassen wir also hier nur einige Schriftquellen aus den Archiven sprechen, die sich womöglich im Allgemeinen dem Auge des Neugierigen Lesers entziehen.
Alltags- und Festspeisen in unserer Gegend richteten sich seit jeher, in früheren Zeiten vorrangig an den ländlichen Gegebenheiten unserer Heimat aus. Nahrungsmittel wurden noch nicht industriell produziert. Sofern nicht der Obrigkeit gehörig, gaben einzig Felderbreiten und Wiesen, im eingeschränkten Maß auch Wälder pflanzliche Nahrung her. Die sogenannten ´Regale,´ also herrschaftliche Besitztums- und Nutzungsvorschriften für Jagden und Fischfang schränkten die Nutzungsmöglichkeiten von Wald und Gewässern durch die Allgemeinheit ein. So jedenfalls belehrte noch im 19. Jahrhundert das „Handbuch des im Königreich Sachsen gültigen Forst- und Jagdrechts“. In zahlreichen Leipziger Pri-vatbibliotheken schmückte der verzierte Lederrücken dieses über dreihundert Seiten starken Wälzers manchen Bücherschrank, unter anderem auch beim Gundorfer Schloßherrn Platzmann. Die Vorschriften erfaßten sogar das Sammeln von Eicheln und Bucheckern, wenn gestattet war, Schweine zum Mästen in den Wald zu treiben. An dieser Stelle ist nicht Raum für nähere Erläuterungen. In früheren Zeiten folgte daraus, dass es schließlich für unsere Gegend rund um Leipzig, speziell nachgewiesen für Gun-dorf, zu den hohen Jahresfesten Weihnachten und Neujahr üblich war, Hirse bzw. Hirsebrei und Pökelfleisch zu essen. Nicht ungewöhnlich, denn denkt man einmal darüber nach, liegt eine gut begründbare Erklärung sozusagen einleuchtend auf der Hand, angesichts der natürlichen Umgebung mit den weit dahingestreckten Felderflächen des Leipziger Landes. Wenn sich der eigenen Vorstellungskraft noch die zahlreichen Wasserläufe und Gewässersenken aus den einst tosenden Flüssen beigesellen, wird klar, dass auch unter Einhaltung von Verboten und Einschränkungen auch gefangene Fische als Mahlzeiten auf den Tisch kommen konnten. Es soll hier nicht die Rede vom Fischwunder des ´hundsköpfigen Exemplars´ sein, als die Luppefischer in aller Herrgottsfrühe mit ihren Booten ausrückten. In den Annalen wird aufgezeigt, wenn auch auf dem platten Lande, wo nicht das ´Backofenrecht´ herrschte, jeder sein eigener Bäcker war, wie es damals häufig der Fall war, so traf das am hiesigen Ort in dem nachfolgenden, besonderen Fall nicht zu: Um das Ganze also abzurunden, ist daran zu erinnern, dass das Amt Schkeuditz unterm 3. Dezember 1721 dem Christoph Naundorf zu Ehrenberg ausdrückliche Verordnung erteilte, den angefangenen Backofen-Bau zu beenden, weil dergleichen Unternehmun-gen wegen der Feuersbrünste ernstlich untersagt war – ein Jammer, denn woher nun Brot und Backware so kurz vor Weihnachten, fragt man sich.
Um nach dem Dreißjährigen Krieg die verarmte Stadtbevölkerug zu schützen, verordnete ein Mandat der Obrigkeit, als die Bauern trotz guter Ernte die Viktualien nicht zu Markte brachten, dass die Bauern innerhalb der sogenannten Bannmeile ihre Vorräte auf den öffentlichen Markt Leipzigs zum Verkauf zu bringen hatten. Butter war wenigstens 2 Tage auf dem Markte feilzubieten. Übertreter dieser Pflicht konnten neben 20 Gulden Strafe und Konfiskation der Sachen sogar mit Gefängnis bestraft werden.
Nun bliebe in der Kürze noch der Gedanke, wie es heutzutage um die Überlieferung von Rezepten aus früherer Zeit bestellt ist. Und auch da kann man tatsächlich fündig werden. Ein Leipziger Kochbuch „Leipziger Koch-Buch : worinnen zu sehen, was man so wohl auff seinen Täglichen Tisch, als auch bey Gastereyen und Hochzeiten Gutes und Delicates aufftragen kann“ brachte auf über vierhundert Seiten bereits um 1706 zahllose Rezepte, unter anderem mit der bis heute berühmten Gemüsevariation von (je nach Jahreszeit) Möhren, Kohlrabi, Spargel, Blumenkohl und Schoten - das ´Leipziger Allerlei´, oft garniert mit Morcheln und Flusskrebsschwänzen, wohl auch aus Luppe und Elster. Alles heute noch anregend, wohl auch spannend. Die Rezepte zeigen, dass es durchaus kein ´Arme-Leute-Speiseplan´ im Leipziger Kochbuch war und in den Küchen der Häuser von Obrigkeiten wirklich ´Alles´ zu finden sein konnte. Das Wasser mag einem hin und wieder im Mund zusammenlaufen. Kochen-Backen- Brauen ist für manche tatsächlich ein Abenteuer für sich! Rund um ein weiteres, nämlich das Rezept ´Leipziger Lerche´ unserer Altvorderen rankt sich eine story, da der frühere Singvogel-Fang und nachfolgendes Verspeisen mit Kräutern, Eiern, Sauerkraut oder im Speckmantel abgewandelt wurde in ein Backrezept. Alles im Sinne von Essen und Trinken für Leipzigs Umgebung komplett aufzuzählen, hieße vielleicht sprichwörtlich Eulen nach Athen zu tragen. Im abgewandelten Sinne kann man sagen… sieh das Gute liegt so nah. Schließlich bliebe noch eine Erinnerung daran, dass sich im heimatlichen Brauchtum auch Legenden- bzw. Sagenhaftes widerspiegelt. Der eingangs erwähnte Hirsebrei (Rezept 477 des Leipziger Kochbuchs) mit möglichst hoher Anzahl von Hirsekörnern wurde mit der unstillbaren Hoffnung auf großen Reichtum im nächsten Jahr verbunden! Die Verwendung von Holunder in Rezepten aus dem genannten Kochbuch berührte die in unserer Gegend, vor allem Gundorf, heilig gesprochenen Holunderbäume. Man glaubte, der Baum leite Blitze ab. Er wurde vor dem Eingang eines jeden Gehöfts gepflanzt. Und das Kochbuch hielt sogar bereit, wie mit ´Violen´ (Veilchen) Essig zu machen sei. Ein weiteres Zeugnis dafür, dass die Nutzung landläufig vorkommender Pflanzen in unserer Gegend, wie in diesem Falle das liebliche Veilchen als Sinnbild einer verwandelten Königstochter sich ebenfalls in tausendjährigen hiesigen Sagen und Märchen spiegelt. Dazu vielleicht mal später mehr. Hiermit soll der kurze Rundblick schließen und neugierig machen auf das, was sich der Förderverein unter Vielem anderem alles für 2021 vorgenommen hat. Alle Interessenten sind dazu herzlich eingeladen! Vielleicht geben Heimatfreunde ihre eigenen, ´geheimnisvollen´ Küchenrezepte und -rezepturen preis.
Hannelore Schaaf
im Namen der Mitglieder des Fördervereins